Wer meinen Ausführungen folgt weiß ja, dass ich den Handwerksbegriff sehr gerne auch für mein eigenes künstlerisches Schaffen verwende. Das Handwerk hat so etwas Ehrliches, Natürliches und Schönes an sich. Und da ist es völlig egal ob jemand jetzt ein sehr gutes Semmerl bäckt, ein guter Maurer ist, ein Händchen für Planzen und Tiere, ob ein Mensch schnitzen, tischlern, reparieren, mit Kindern umgehen, singen, kochen, zeichnen, schreiben oder den perfekten Skischwung fahren kann. - diese Liste könnte und sollte man eigentlich ewig fortführen. An dieser Stelle muss ich jetzt fast noch ein wenig frech anfügen, dass ich unter den Dirigentinnen und Dirigenten die ehrlichen, guten Handwerkerinnen und Handwerker besonders schätze - und dass es davon ruhig mehr geben dürfte. Ich mag es einfach, wenn Menschen - ohne Show - etwas können und noch mehr, wenn sie sich diese Fähigkeit von Grund auf angeeignet und erlernt haben und sich möglichst wenig auf das Erreichte einbilden. Es gibt kaum etwas Schöneres und Nachhaltigeres als eine Sache Schritt für Schritt zu entwickeln, so lange, bis es leicht aussieht, mühe- und zwanglos. Man muss sein Handwerk beherrschen, damit die Seele dann am Ende frei schwingen kann, und das gilt für alle Bereiche. Kurzum: Ich liebe das Handwerk.
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Auf der Diatonischen Harmonika bin ich ja selbst ein begeisterter Dilettant, im wahrsten Sinne des Wortes: Dieser Begriff kommt nämlich von italienischen “Diletto”, von der Freude. Und dieses von mir so innig geliebte Instrument spiele ich seit ich denken kann aus purer kreativer Freude. Einer meiner Zieharmonikalehrer hat mich einmal nach einem besonders gefühlvoll interpretierten Jodler einen “Harmonikaträumer” genannt, vielleicht auch, weil ich - aus heutiger Sicht leider - kaum geübt habe und mir so das wahre Kunsthandwerk nie erschließen konnte. Umso mehr bewundere ich die Menschen, die mit viel Talent und Fleiß große Meister dieses Trauminstrumentes geworden sind. Besonders in Verbindung mit der Ziach glänzt der Handwerksbegriff gleich im doppelten Sinn: Da gibt es einerseits (kunst)handwerkliche Meister, die wenigen, die die gesamte Bandbreite der Kunst des Harmonikaspiels (im Gegensatz zu mir) wirklich beherrschen und diesem Faszinosum die schönsten Melodien, schwierigsten Läufe und Harmonien entlocken. Dann gibt es die Handwerksmeister, die sich den Bau dieses Instruments vom Brett bis zur Konzertbühne als liebevolle Berufung erwählt haben. Der fantastische Protagonist unseres heutigen Videos vereint beide dieser Parteien. Nik Jam ist der Sohn des in Künstlerkreisen besonders geschätzten und legendären Harmonikabauers Jamnik aus dem steirischen Ehrenhausen. Um es für Außenstehende auf den Punkt zu bringen: Die Firma Jamnik baut den Rolls Royce unter den Diatonischen Zieharmonikas.
Irgendwann werde ich mir den Traum (m)einer eigenen Jamnik-Harmonika erfüllen, bis dahin lausche ich den absoluten Könnern wie Nikolaus und bewundere die Leichtigkeit, die Ruhe und die Natürlichkeit, mit der er sein so liebevoll und hochmusikalisch arrangiertes Werk zum Klingen bringt. Und dann dieses Instrument…Dieser warme, volle Klang, die Fähigkeit zum stufenlosen Legato - die musikalischen Möglichkeiten dieser Luxusinstrumente sind schier unendlich - und doch kommen all diese Facetten erst dann zum Tragen, wenn man so meisterhaft - und vor allem mit unglaublich viel Gefühl - darauf musiziert. Man muss das Handwerk eben beherrschen, damit die Seele frei schwingen kann.