Es ist ganz eigenartig: Egal ob im Streichquartett, in der Klaviersonate, im Solokonzert oder ein einer Symphonie; Es ist immer wieder der langsamen Satz, der es mir besonders angetan hat. Das Adagio, Adagietto oder Andante - jedenfalls jener Teil eines Werkes, in welchem der Komponist seine ganze Seele darlegt und damit auch der Zuhörerin und dem Zuhörer ummittelbar die Herzen öffnet.
Genau das erhoffe oder wünsche ich mir auch persönlich von einer Komposition oder jeglicher musikalischer Darbietung: Dass sie mich bis ins Innerste anspricht, erreicht und vielleicht sogar zu Tränen rührt; Dass sie meine Fantasie anregt und mich inspiriert, mir Freude bereitet oder mich tröstet. Darum höre ich und dafür mache ich Musik.
Wenn ich ein Werk dann einmal ins Herz geschlossen habe, dann kann ich es hunderte, ja tausende Male anhören und es wird mir nie mehr fad. Ich sehe mich heute noch - meine Ohren in großen Kopfhörern versteckt und mit meiner jeweiligen musikalischen Neuentdeckung in meinem Discman - kilometerweit durch die Mariapfarrer Wälder laufen, immer und immer wieder das gleiche Stück in Dauerschleife hörend.
Mit Virtuosität oder Akrobatik am Instrument oder auch im Gesang (dazu zähle ich auch hohe Töne) kann man mich zwar kurzfristig sehr beeindrucken, aber eben nicht berühren. Wenn ich dann aber eine wunderschöne Melodie, einen unerwarteten Harmoniewechsel (wie etwa bei Schubert und Strauss) oder einfach hochmusikalische Phrasierungen höre, geht mein Herz sofort auf.
Beispiele für solche Werke oder Interpreten, die für genau die genannten Qualitäten stehen, gibt es viele und es sind zum Glück immer wieder Neue zu entdecken. Nicht zuletzt deshalb war es heute besonders schwierig, sich auf ein Video festzulegen. An dieser Stelle wäre es dann wahrscheinlich noch wichtig festzuhalten, dass - neben dem schon so oft angesprochenen Franz Schubert - WOLFGANG AMADEUS MOZART mein absoluter Liebling ist, weshalb ich in meiner heutigen Entscheidungsfindung nicht ganz unparteiisch sein konnte.
Das weltberühmte Klarinettenkonzert in A-Dur (eine gewisse Neigung zum - wenn schön gespielt - wunderbaren Klang dieses Instruments ist mir familiär in die Wiege gelegt) hat MOZART 1791, ungefähr ein Monat vor seinem Tod, vollendet.
Im Beitrag zum Video vom 9.Dezember, in welchem der wunderbare Rubinstein so unvergleichlich schön über Schuberts Quintett spricht, erzählte ich unter anderem von Musik, die vom Irdischen ins Überirdische überleitet. Wenn ich mir insbesondere das ADAGIO des heutigen Konzerts anhöre, dann fühlt es sich so an, als hätte das Genie Mozart schon geahnt, dass es eine seiner letzen Arbeiten sein wird und noch einmal alle, wirklich alle ihm zur Verfügung stehenden Gefühlsregister gezogen.
Was dabei herausgekommen ist, scheint nicht von dieser Welt zu sein: Man hört da plötzlich und paradoxer Weise liebliche Schönheit, Traurigkeit und Trost zugleich. Die Transzendenz ist von der ersten Note an spürbar - da finden sich plötzlich Melodien, Harmonien und Linien, die so schön sind, dass man sich das nicht mehr erklären kann, wie ein einzelner Mensch so etwas schaffen kann.
Dieses Werk - im Video wunderbar interpretiert von Martin Fröst - gehört für mich zu den Allerschönsten der Musikgeschichte. Damit ist es für ich auch die einzig richtige Wahl für das heutige, schon fünfzehnte Türchen - ein sensibler Trost nach den lauten, wütenden Messer-Klängen des gestrigen Tages. Danke, Wolferl!
P.S.: Wenn ich ein Problem habe und dann Mozart höre, denke ich mir oft: Es ist alles halb so schlimm.