Liebe Freunde,
Es gibt den viel zitierten Spruch: „Wo sich eine Türe schließt, öffnet sich ein neues Fenster“.
Bei allem positiven Lebensgeist war die berufliche Situation in diesem Jahr, vorsichtig ausgedrückt, meist alles andere als erheiternd. Absage folgte auf Absage, manchmal wusste ich schon gar nicht mehr, wie ich diese negativen Nachrichten - auch in ihrer Häufigkeit - kommunizieren soll. Tür um Tür hat sich geschlossen, geöffnet hat sich, zumindest auf den ersten Blick, wenig. An manchen Tagen hat sich in der Folge eine Leere eingestellt, gefolgt von Momenten, an denen ich blind vor Tatendrang fast verzweifelt versucht hab, neue Projekte und Möglichkeiten zu kreieren. Viele dieser Initiativen sind im Sand verlaufen, viel Energie ist auf der Achterbahnfahrt im möglichkeitsleeren Raum verpufft.
Mitte Mai wendet sich das Blatt dann innerhalb weniger Minuten: Mein Telefon läutet, am Apparat ist Barbara Rett, die mich im Auftrag von Intendant Rolando Villazón (der übrigens auch abseits der Bühne ein hocherfreuliches Paradebeispiel eines authentischen, offenen und herzlichen Menschen ist), der Stiftung Mozarteum und ORF III kontaktiert. Innerhalb von sieben Tagen soll eine Konzertproduktion der MOZARTWOCHE aus dem Boden gestampft werden und ich darf mitwirken. In einer Branche, die normalerweise über Jahre hinaus plant, werden plötzlich kreativ und spontan wunderschöne Dinge realisiert. Im Rahmen der Fernseh-Kulturreihe „Wir spielen für Österreich“ stehen Glanzlichter aus dem Opernschaffen WOLFGANG AMADEUS MOZARTs auf dem Programm. Meine große Liebe zu Mozarts Werken habe ich ja schon im vierten Türchen ausführlich beschrieben und als Salzburger ist die Live-Konzertübertragung aus dem Großen Saal der Stiftung Mozarteum alleine schon ob des Aufführungsortes eine große Freude und Ehre.
Wichtiger noch: Plötzlich war da ein Ziel vor Augen, eine sinnvolle Aufgabe und die Möglichkeit, endlich wieder miteinander Musik machen. Eines hat mir dieses denkwürdige Jahr klar vor Augen geführt: Das Wesen unserer Berufung ist das gemeinsame Musizieren - an diesem Abend war das ob der fantastischen Kolleginnen ANDREA CARROLL und MARIANNE CREBASSA eine ganz außergewöhnlich große Freude.
Wir haben aufeinander gehört und uns ganz in den Dienst der himmlischen Klänge gestellt. Die logische Folge war ein Konzertabend, wie man sich ihn nur wünschen kann. Trotz des leider fehlenden Publikums waren in diesem Konzert - und in dieser Hinsicht bleibt es bis zum heutigen Tage die große Ausnahme unter den Streaming-Konzerten - der Zauber und die Spannung einer echten, beseelten Aufführung spürbar. Das lag einerseits an der harmonischen Auswahl wunderbarer Menschen, die an diesem Abend live für Österreich und die die Welt musizieren durften, andererseits aber auch daran, dass an diesem Abend nicht die Künstlerpersönlichkeiten, sondern die Musik im Mittelpunkt stand.
Eine besonders berührende musikalische Erinnerungen dieses Konzertes ist unser Cosi-Terzett “SOAVE SIA IL VENTO” - in dem wir passend zur Situation und voller Hingabe die HOFFNUNG besungen haben. Erfahrungen wie diese sind es auch, die mich in meiner Überzeugung bestärken, dass wir bald GEMEINSAM in eine schöne Zeit übergehen werden, wo solche Sternstunden wieder vor und MIT unserem geliebten Publikum stattfinden können.
Hoffentlich schaffen wir es - gerade in der Kunst - die in der Krise wiederentdeckten Qualitäten wie Demut, Aufmerksamkeit und ein sensibles MITEINANDER wieder mehr in unseren Fokus zu rücken. Weniger Show, mehr Authentizität und ehrliches, qualitativ hochwertiges Handwerk. Vielleicht gelingt auch, genauer hinzuhören und so wieder mehr von den leisen Tönen und echten Emotionen wahrzunehmen, auf der Bühne, im Publikum und unserem privaten Umfeld. Das ist mein großer Wunsch für den Neubeginn.