Liebe Freunde,
„Glücklich, wer wohin er geht, wohl auf der HEIMAT Boden steht“, heißt es in einem meiner absoluten Lieblingslieder, FRANZ SCHUBERTS genialer Seidl-Vertonung vom „Wanderer an den Mond“, D870.
Wenn ich diese Zeilen singe, erscheint vor meinem geistigen Auge das hintere Weißpriachtal in meiner Lungauer Heimat. Dort wo die blaugrüne Longa durch grüne Wiesen mäandert, sich links und rechts majestätische Berghänge erleben und die kühle, frische Luft von Almkräutern und naturbelassenen Moorwiesen duftet. Das klingt jetzt ein bisschen wie die Einleitung eines Rosamunde Pilcher-Films, aber wer es nicht glaubt, dem sei ein Besuch dieses ausnehmend schönen „Platzerls“ - meiner heimlichen Ruhe und Kraftoase - wärmstens ans Herz gelegt.
Ob als Kind beim Schwammerlsuchen und „Schwochzbee brockn“ (= Heidelbeeren pflücken), in meiner sportlichen Jugend als Laufparadies oder heute als Erholungs- und Kraftquelle - dieser Ort war, ist und bleibt mir heilig. Wenn man dort übrigens bei Nacht den Blick in Richtung des klaren Firmaments richtet, kann man mit freiem Auge die Himmelskrümmung beobachten, der besungene Mond und die Sterne erscheinen plötzlich erstaunlich nah. Kurzum - ein kleines Paradies, in dessen unmittelbarer Nähe ich aufwachsen durfte.
Apropos wachsen: Es gibt auch Musikstücke, die sich mit einer Sängerin oder einem Sänger mitentwickeln und zu denen man über die Jahre hinweg eine besondere Beziehung aufbaut.
Im Jahr 2015 gab es zum ersten Mal die Möglichkeit, einen Solo-Plattenvertrag mit einem wichtigen Klassiklabel zu unterzeichnen. Mein Klavier-Partner SASCHA EL MOUISSI und ich hatten dafür drei Demos eingespielt, darunter auch das heute besprochene Lied.Voller jugendlichem Elan hatten wir für unsere Interpretation sehr rasche Tempi gewählt und aus dem Wanderer wurde zwischenzeitlich ein Bergläufer - trotzdem war die Version für den damaligen Zeitpunkt authentisch und frisch.
Unser damaliger Übermut hat uns übrigens auch den Spitznamen „Liedrebellen“ eingebracht, der vom Namensgeber - einem verdienten, älteren Lied-Doyen - ursprünglich despektierlich gemeint war, den wir aber aus heutiger Sicht wie ein großes Kompliment empfinden. Wir sehen nämlich es als unseren Auftrag, dem uns so am Herzen liegenden, hier und da etwas verstaubten KUNSTLIED-Genre unsere ganz individuelle Farbe zu geben und keine etablierten Interpretationen zu kopieren.
So hoffen wir, mit diesen musikalischen Perlen möglichst viele Menschen zu berühren und unsere Begeisterung auch einem neuen Publikum weitergeben zu können.
Offenbar hat die rebellische Version übrigens auch den Verantwortlichen des Labels gefallen -zwei Jahre später durften wir unseren sportlichen Wandersmann für die CD-Produktion „STILLE UND NACHT“ einspielen. Bemerkenswert und selbst für uns überraschend war, wie sehr sich in nur vierundzwanzig Monaten unsere Herangehensweise und der Blick auf dieses Stück verändert haben.
Das ist eine ganz besondere Qualität der wunderbaren Zusammenarbeit mit Sascha: Wir versuchen uns stets so wenig wie möglich abzusprechen, um auf der Bühne möglichst spontan, natürlich und „im Moment“ zu sein. Das Fundament für diese Art des Musizierens ist unsere jahrelange enge Freundschaft, ein sensibles Zusammenspiel und großes, gegenseitiges Vertrauen.
Der mittlerweile etwas gemächlichere Wanderer im Video ist übrigens unsere aktuellste Fassung - aufgezeichnet im Oktober beim „Heimspiel“-LIEDERABEND im corona-ausverkauften großen Saal der STIFTUNG MOZARTEUM in Salzburg. .Musizieren durften wir an diesem Abend vor vielen, äußert aufmerksamen und liebenswürdigen Menschen im Publikum: alleine schon deswegen war das für uns ein Höhepunkt dieser Konzertsaison.
Die Vorfreude auf unsere kommenden Konzerte ist groß und wir sind gespannt, wohin uns die schubertsche Wanderung beim nächsten Mal führen wird.