5. Dezember 2020: „Von Vorfahren und Lieblingskomponisten“: STÄNDCHEN D920 „ZÖGERND LEISE“

Liebe Freunde, 

Heute muss ich etwas ausholen: Am 11. August 1827 erklang dieses wunderbare Musikstück für Solo-Frauenstimme und (Männer)Chor zum allerersten Mal im Garten der Familie Gosmar in Döbling.  
Frau KATHI FRÖHLICH hatte das musikalische Juwel anlässlich des Geburtstages von Louise Gosmar (später LOUISE SONNLEITHNER) bei FRANZ SCHUBERT in Auftrag gegeben.  Louise Gosmar war die Verlobte von LEOPOLD SONNLEITHNER, einem langjährigen Freund der Familie Fröhlich.  Den Text zu diesem Werk steuerte ein weiterer, enger Verwandter von Leopold Sonnleithner bei, FRANZ GRILLPARZER, der Lebensgefährte von Kathi Fröhlich. Die Familie Sonnleithner war es übrigens auch, die die ersten Schubertiaden in ihren Privat-Räumlichkeiten veranstaltet hat und das Genie meines absoluten  Lieblingskomponisten früh erkannt und ihn Zeit seines Lebens gefördert hat. Warum ich Euch das alles erzähle? 

188 Jahre später: wir schreiben den 12. November 2015 und befinden uns im Theater MuTH der Wiener Sängerknaben. Burgschauspielerin PETRA MORZÉ hat soeben Ihre Rezitation beendet und die  wunderbare, österreichische Mezzosopranistin MAGDALENA RÜKER und der Chorus Juventutis der WIENER SÄNGERKNABEN haben am Konzertpodium Aufstellung genommen.  SASCHA EL MOUISSI, mein langjähriger Lied-Partner und Freund, beginnt am Flügel mit den ersten, berührenden Takten des Ständchens D920. 
Was nur wenige der Zuhörerinnen und Zuhörer wissen: Die Solistin, die in wenigen Sekunden mit ihrer wunderschönen Stimme „ZÖGERND LEISE“ singen wird, ist die Ur-Ur-Ur-Urenkelin  von Louise Sonnleithner und Ur-Ur-Ur-Urnichte von Franz Grillparzer.  Jeder im Saal spürt den Zauber dieses besonderen Moments und wird Zeuge einer außergewöhnlichen Interpretation.  Selten zuvor war dieses  Stück mit mehr Gefühl und persönlicher Geschichte erfüllt.  Ich selbst durfte diesen besonderen, historischen Moment als glücklicher und tief berührter Zuhörer miterleben.  Kaum je war der Geist der beiden Genies SCHUBERT und GRILLPARZER für mich im Konzert stärker spürbar.  Wie schön, dass es davon ein Live-Tondokument gibt! 

In diesem Moment war ich wieder einmal - wie immer - sehr, sehr stolz auf die Künstlerin dieses denkwürdigen Abends - meine Frau! Natürlich nicht nur, aber auch wegen Ihres so schönen, immer berührenden Gesangs und Ihrer großen Musikalität.

 
Euer Rafael